Familie von Ballmoos

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Die Schweiz blüht

Auf dem vB-Hof der Familie von Ballmoos in Lyssach BE ist die nächste Generation in den Startlöchern: Hannah und Marcel von Ballmoos-Hofer erzählen, wie sie die Produktion von Nahrungsmitteln und die Förderung der Biodiversität auf ihrem Betrieb vereinen.

Blühstreifen: Nahrung und Lebensraum für Insekten

Zuckerrüben, soweit das Auge reicht. Pflanze reiht sich an Pflanze, in geraden Reihen. Mitten auf dem Feld aber fällt etwas auf, ein rund drei Meter breiter Streifen, dicht bewachsen, mit roten, blauen und gelben Farbtupfern. Eine Tafel am Feldrand sagt, dass es sich dabei um einen Blühstreifen handelt.

Der vB-Hof in Lyssach BE der Familie von Ballmoos ist einer von 400 Bauernhöfen in der Schweiz, die dieses Jahr im Rahmen des Projekts «Die Schweiz blüht» einen oder mehrere Blühstreifen angesät haben. Dabei handelt es sich um farbenfrohe Mischungen aus Wild- und Kulturblumen, die in den Sommermonaten blühen, um Bienen und anderen Bestäubern Nahrung zu bieten. In dieser Zeit sind nämlich die meisten anderen Pflanzen verblüht.

Biodiversitätsförderung als Grundlage für Direktzahlungen

Bestäubende Insekten wie Bienen haben eine wichtige Funktion: Obstbäume und viele Gemüsearten tragen keine Früchte, wenn sie nicht bestäubt werden. Auch auf dem vB-Hof. «Durch unsere Kirschen- und Zwetschgenbäume spüren wir sehr direkt, wie abhängig wir von der Bestäubung durch Insekten sind», erklärt Hannah. Ihr Mann Marcel führt den Betrieb in Generationengemeinschaft mit seinem Vater und arbeitet Teilzeit auswärts. Hannah ist hauptsächlich auswärts beschäftigt und hilft jeweils an den Wochenenden und in den Ferien.

Seit der Einführung des ökologischen Leistungsnachweises in den 1990er Jahren, der Grundlage für den Erhalt von Direktzahlungen, scheiden Bauernhöfe in der Schweiz mindestens 7 Prozent ihrer landwirtschaftlichen Nutzfläche als Biodiversitätsförderfläche (BFF) aus. Die meisten Betriebe engagieren sich stärker – 2020 betrug die Fläche im Durchschnitt fast 19 Prozent pro Betrieb.

Auf dem vB-Hof betragen die Biodiversitätsförderflächen 12 Prozent. Da gibt es extensive Wiesen, Blühstreifen, Hochstammobstbäume, eine Buntbrache und einen Saum auf Ackerland. «Wir hoffen, dass der Blühstreifen Nützlinge anzieht, die uns gegen die Schädlinge in den Zuckerrüben helfen», erzählt Marcel.

Im Ackersaum lieber keine Blumen pflücken

Nicht immer fällt es leicht, die Biodiversitätsförderflächen sinnvoll in den Betrieb zu integrieren. Für den Landwirt ist grundsätzlich klar, dass sie auf guten Flächen Ackerbau betreiben wollen. «Für die Biodiversität scheiden wir eher Streifen und Randstücke aus», erklärt er. Gleichzeitig achten sie darauf, dass die Flächen gut vernetzt seien. Genügend Flächen, in denen sich Insekten und Kleintiere ernähren und vermehren können, sind nämlich das eine: die Flächen dürfen nicht zu weit auseinander liegen, so dass die Tiere vom einen zum anderen Element «wandern» können.

Den Saum auf Ackerland haben von Ballmoos’ zwischen dem Siedlungsrand und der mit Pflanzenschutzmittel behandelten Ackerfläche angelegt. «Wir wollen den Goodwill der Bevölkerung erhalten», erklärt Marcel. «Allerdings haben die Blumen manchen Leuten so gefallen, dass sie sie zu pflücken anfingen», ergänzt Hannah.

Der Biodiversität dient aber nicht nur die Fläche, sondern auch ein gewisses Verhalten. Marcel mäht möglichst nicht bei Bienenflug und lässt vor dem Mähen die Rehkitze per Drohne orten.

Produktion von Nahrungsmitteln und Biodiversität gehören zusammen

Für Hannah und Marcel gehört zusammen, was allzu oft noch als Gegensätze verstanden wird: Förderung von Biodiversität und die Produktion von Nahrungsmitteln. «Für uns ist Biodiversität eine Grundleistung, wie gute Bodenfruchtbarkeit – die wir benötigen, um gute Lebensmittel herzustellen», erklärt der Landwirt.

Lebensmittel werden etliche hergestellt auf dem vB-Hof: Neben den beiden Anlagen mit Kirschen und Zwetschgen liegt der Fokus vor allem auf dem Ackerbau: auf rund zwanzig Hektaren werden Kartoffeln, Zuckerrüben, Weizen, Raps, Konserven-Erbsen und Silomais angebaut. Mit Quinoa und Süsskartoffeln setzen von Ballmoos’ ausserdem auf zwei bei uns eher neue Kulturen. Beide Kulturen lernten sie auf Reisen kennen; sie vermarkten Quinoa, Süsskartoffeln wie auch das Obst direkt ab Hof, an Hofläden und Restaurants. Daneben gibt es Weiden und Wiesen für die 14 Mutterkühe mit Nachwuchs und die drei Pferde.

Mit weiten Getreidereihen den Feldhasen unterstützen

Dieses Jahr hat Marcel erstmals Getreide in weiten Reihen gesät. Diese Massnahme wird seit 2019 in Vernetzungsprojekten im Kanton Bern gefördert, um den Feldhasen zu fördern. Dieser macht nämlich keine Bauten, sondern versteckt sich bevorzugt in Getreidefeldern, um dort seinen Nachwuchs aufzuziehen. Allerdings sind die meisten Getreidebestände mittlerweile zu dicht. Bei den «weiten Reihen» gibt es in regelmässigen Abständen Reihen, in denen kein Getreide wächst.

Biodiversität ist Arbeit

Im Prinzip ist Biodiversität auf Schweizer Betrieben ein Betriebszweig, auch wenn das Produkt nicht direkt verkauft werden kann. Ein Betriebszweig kostet Geld und Arbeit und generiert ein Einkommen – auch die Biodiversität. Dabei gelten wirtschaftliche Grundregeln, dass also etwas finanziell rentieren soll. «Die Biodiversitätsförderflächen sind grundsätzlich fair entgolten», findet Marcel, «allerdings gibt es deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Elementen.» Betriebe sind Unternehmen und wenn etwas finanziell nicht rentiert, setzt es sich nicht durch. Dazu gehörte lange auch der Blühstreifen. Das Saatgut ist teuer, der Planungsaufwand für den Streifen mitten im Feld gross. «Wir müssen den Standort des Blühstreifens gut planen, so dass er zu der Arbeitsbreite der Maschinen passt – wir wollen nicht, dass er bei späteren Massnahmen behandelt wird, noch dass die Kultur teilweise unbehandelt bleibt», erklärt Marcel. «Gleichzeitig ist der Nutzen für Bienen und Insekten hoch», erklärt seine Frau, «weil der Blühstreifen in den Sommermonaten blüht, wenn alles andere verblüht ist.»

Für von Ballmoos-Hofers ist klar: «Auf dem vB-Hof gehören Biodiversität und Nahrungsmittelproduktion zusammen.» Aber Biodiversität ist nicht nur Arbeit: «Wir freuen uns ganz einfach, wenn es überall summt und blüht – wenn wir unseren Teil beitragen können.»

Schweizer Bauernfamilien lassen die Schweiz erblühen

2021 haben im Projekt «Die Schweiz blüht» über 400 Bauernfamilien einen oder mehrere Blühstreifen angesät. Dabei handelt es sich um farbenfrohe Mischungen aus einheimischen Wild- und Kulturblumen. Der Blühstreifen bleibt zwischen April und September während mindestens hundert Tagen bestehen und bietet damit Bienen und anderen Bestäubern Nahrung und Lebensraum. Gerade im Sommer, wenn nämlich die meisten Pflanzen verblüht sind, finden die Insekten oft nicht genug Nahrung. Auf der Webseite finden Sie mehr darüber, wie Biodiversität in der Landwirtschaft gefördert wird, was Sie im Garten oder auf dem Balkon tun können und eine interaktive Karte – dort sind alle Standorte der Blühstreifen verzeichnet. Bestimmt gibt es auch einen in Ihrer Nähe! www.die-schweiz-blueht.ch

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