Familie Engeler

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So geht Fleisch essen mit gutem Gewissen

Darf man heutzutage noch Fleisch essen? Wir haben Experten zum Thema besucht: Gudrun und Dominic Engeler vom Hofgut Schloss Gündelhart im Kanton Thurgau. Sie produzieren Bio-Natura-Beef und als Spezialität Bio-Weidegänse. Wie oft, gibt es auch bei der Fleischfrage mehr Farben als Schwarz und Weiss sowie überraschende Zusammenhänge.

Heute heisst es nicht mehr «sein oder nicht sein», wie bei Shakespeare. Vielmehr lautet die Frage oft: Fleisch oder kein Fleisch? Das sei richtig, meint Bäuerin Gudrun Engeler: «Fleisch ist das wertvollste Lebensmittel überhaupt». Das sollte man bewusst geniessen: «Lieber weniger davon essen, dafür auf die Herkunft und die Haltung achten». Gemeinsam mit ihrem Mann Dominic führt sie das Hofgut Schloss Gündelhart im Kanton Thurgau. Seit über zwanzig Jahren hält die Familie Mutterkühe und produziert für das Label Natura-Beef Rindfleisch. Natura-Beef steht für Fleisch von zehn Monate alten Jungtieren aus der Mutterkuhhaltung. Spezielle Fleischrinderrassen garantieren dabei eine besonders gute Fleischqualität. «Unsere Tiere sind eine Mischung zwischen den Rassen Original Braunvieh und Limousin», erklärt Dominic. Der Braunviehanteil garantiere, dass die Mütter genügend Milch gäben und das gute Gras, das bei ihnen wächst, auch optimal nutzen können. Die Fleischrinderrasse Limousin perfektioniere die Fleischqualität. Bei Engelers ist es zusätzlich Biofleisch. Und damit das hochwertigste Rindfleisch, das die Schweizer Landwirtschaft zu bieten hat.

Besonders tierfreundliche Haltung

Die 40 Mutterkühe auf dem Hof der Engelers fressen nur Gras und im Winter Heu. Dazu bekommen sie die nötigen Mineralstoffe, die sie zukaufen. Die Kälber trinken Milch und fressen mit der Zeit mehr und mehr Gras. «Unsere Kälber bleiben so lange bei der Mutter, bis diese sie auch natürlicherweise absetzt. Dann werden sie geschlachtet», bringt Gudrun auch diese Tatsache auf den Punkt. Ohne, dass ein Tier stirbt, gibt es kein Fleisch. Die besonders tierfreundliche Haltung mit viel Auslauf und artgerechtem Futter, ist der Familie Engeler sehr wichtig. Dazu gehört auch die stressfreie Fahrt zum Metzger. Einen Teil des Fleisches verkaufen sie direkt an die Kundschaft oder bieten es an verschiedenen Veranstaltungen auf dem Hof als Grillspezialität an. Eine Besonderheit ist dabei das hofeigene «Gündelini». Eine eher kleine, pikante mit Kräutern gewürzte Wurst.

Direkt beim Bauer und Mischpakete kaufen

Viele Schweizerinnen und Schweizer sind «picky», wenn es ums Fleisch essen geht. Filet und Steaks gehören zu den begehrtesten Fleischstücken. Mit der Folge, dass es unter den Importen besonders viele Edelstücke hat. Denn eine Kuh hat nur ein Filet. «Filet allein verkaufe ich fast nie», sagt Bäuerin Gudrun. Vielmehr bietet sie im Direktverkauf hauptsächlich Mischpakete an. Die Kunden erhalten dann ein bisschen von allem für einen Durchschnittspreis. Was auch oft nachgefragt werde, sei das vielseitig verwendbare Hackfleisch. In der Mutterkuhhaltung ist der Haltungsunterschied zwischen Bio & Nicht-Bio eher klein. Aus diesem Grund ist auch der Mehrpreis beim Natura-Beef nicht so gross, wie bei anderen Fleischlabels. Die Direktvermarktung aus Sicht der Engelers ist eine Win-Win-Situation. Die Bauernfamilie kann einen besseren Preis lösen, als über den Handel und für die KonsumentInnen ist das hochwertige Fleisch dennoch günstiger als im Laden.

Warum nicht mal Weidegans?

Zum Martinstag und Weihnachten gibt es bei Engelers eine Besonderheit zu kaufen: Weidegans. Diese kommen im Frühling – frisch geschlüpft als sogenannte «Gössel»  auf den Hof. Sie leben, wie der Name sagt, auf der Weide, fressen hauptsächlich Gras und etwas Getreide. «Wie bei den Kühen wechseln wir ihre Weide stetig. Es ist unglaublich, wie schnell diese abgegrast sind», erzählt die Bäuerin mit leuchtenden Augen. Die Freude an diesen «gesprächigen» Tieren ist ihr anzusehen. Dabei zupfen sie die Halme so ab, dass das Wachstum des Grases angeregt wird. Die Gans als traditioneller Weihnachtsbraten ist vor allem bei deutschen Kunden beliebt, die in der Region leben. «Die Gänsehaltung ist sehr nachhaltig», ist Gudrun überzeugt. Die Gänse werden oft unter den Hochstammbäumen geweidet und das ganze Tier lasse sich in der Küche verarbeiten.

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Keine Tiere zu halten, wäre nicht ökologisch sinnvoll

Gudrun und Dominic betreiben auf ihrem überdurchschnittlich grossen Hof auch Ackerbau. Sie bauen Brotweizen, Urdinkel, Triticale, Mais, Erbsen, Hirse, sowie Kürbis, Hanf und Sonnenblumen zur Ölproduktion an. Im Ackerbau ist der Biolandbau die grössere Herausforderung. Er ist mit viel zusätzlichem Aufwand und Handarbeit verbunden. Die Erträge schwanken je nach Witterung von Jahr zu Jahr viel stärker und entsprechend auch das Einkommen. Können sich Engelers vorstellen, ganz auf Tiere zu verzichten? Dominic meint nach kurzem Nachdenken: «Möglich wäre das schon, aber nicht sinnvoll.» Erstens brauche er den Mist der Tiere, um die Felder zu düngen. «Bei jeder Ernte führen wir Nährstoffe aus dem Boden weg, die es zu ersetzen gilt. Ohne Tiere müssten wir laufend Dünger zukaufen.» Zweitens sei Kunstwiese eine wichtige Kultur in seiner Fruchtfolge, um den Unkraut- und Krankheitsdruck tief zu halten. «Das Gras darauf können nur unsere Kühe mit ihrem speziellen Magen verwerten und für uns Menschen nutzbar machen», führt er weiter aus. Die Kombination zwischen Tierhaltung und Ackerbau ist für Dominic ein wesentlicher Pfeiler einer nachhaltigen Landwirtschaft mit möglichst geschlossenen Kreisläufen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Im Grasland Schweiz ist Fleisch essen (Rind, Schaf, Ziege) standortgerecht.
  • Lieber weniger Fleisch essen, dafür konsequent auf die Herkunft achten.
  • Wem das Tierwohl besonders am Herzen liegt, kann aus einer ganzen Reihe Labels auswählen, z.B. Natura-Beef, Bio Suisse, KAG-Freiland, Zweinutzungshuhn, Weidebeef, Wiesenschwein, Demeter, Naturaplan u.a.
  • Nicht nur Edelstücke geniessen, sondern alle Teile des Tieres.
  • Auf vielen Bauernhöfen kann man Mischpakete kaufen. Das lohnt sich auch finanziell. Finde hier einen Hof in deiner Nähe!

Grasland Schweiz

Unsere Berge und Hügel sowie das an den meisten Orten eher feuchte Klima macht aus der Schweiz ein typisches Grasland. Mehr als zwei Drittel unserer Landwirtschaftsfläche eignet sich nicht für den Ackerbau. Die vielen Wiesen und Weiden produzieren aber bestes Futter für Kühe, Ziegen oder Schafe, die daraus hochwertiger Lebensmittel wie Fleisch, Milch oder Käse machen. So können wir Menschen diese Flächen auch für unsere Ernährung nutzen. Doch auch im Mitteland macht die Tierhaltung Sinn, denn auch Ackerflächen brauchen Dünger. Hofdünger fördern die Humusbildung und damit die Bodenqualität. Wiese in der Fruchtfolge ist zudem wichtig, um Unkräuter und Krankheiten ohne Pflanzenschutz in den Griff zu bekommen.

Nose to Tail

Früher war Fleisch ein absolutes Luxusprodukt, das man an Sonn- und Festtagen genoss. Deshalb war es selbstverständlich, dass sämtliche Teile eines Tieres im Topf landeten. Von der Schnauze (Nose), über die Zunge, Innereien, bis zum Schwanz (Tail) – verwerteten die Menschen alles. Heute essen viele vor allem Edelstücke wie Filet oder Steaks. Doch diese machen beim Rind nur etwa 15% des verkaufsfertigen Fleisches aus, weshalb wir viel Fleisch importieren müssen. Eine Rückkehr zu «Nose to Tail» tut Not. Damit lässt sich auch Geld sparen, denn Schmorstücke oder Siedfleisch sind günstiger. Du schonst also dein Portemonnaie und die Umwelt. Richtig zubereitet eignen sich diese Fleischstücke sogar für Gäste!

Gudruns Rezept Tipp: Siedfleisch mit Meerrettichsauce

Dieses Rezept liebe ich über alles. Es erinnert mich an meine österreichische Heimat, dort ist Siedfleisch mit Krensauce eine geschätzte Spezialität. Ich finde es wichtig, dass wir alle Teile des Tieres verwerten. Gewusst wie und mit ausreichend Zeit kann man auch aus Siedfleisch ein delikates, butterzartes Gericht zaubern.

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